Etappe V: Uelzen – Wolfsburg – Wolfsburg

Jaja, so langsam werde ich zum Bettenbeziehprofi.

Meine heutige Etappe führt mich nach Wolfsburg, der Autostadt. Bis dorthin sind es nur sechsundsiebzig Kilometer … vorsichtshalber habe ich mir noch eine Route um Wolfsburg geplant, sollte ich mich am Ende wieder etwas unausgelastet fühlen.

Das Garmin scheint keine Lust mehr zu haben und will mich andauernd über für Radfahrer gesperrte Bundesstraßen führen … Mein Orientierungssinn, der mich fast schon gekonnt andere Strecken finden lässt, erstaunt mich doch immer wieder.

Es scheint, als hätte ich meinen Soll an Gegenwind auf den ersten beiden Etappen erfüllt. Ich werde mit reichlich Rückenwind und Sonne belohnt.

Noch fünfundzwanzig Kilometer: Ich versuche mich im Kunstradfahren, um an mein Brötchen in der rechten Satteltasche zu gelangen … ich scheitere.

Noch vierundzwanzig Kilometer ich halte an um an mein Brötchen in der rechten Satteltasche gelangen … erfolgreich.

Ich komme ziemlich zügig voran und dementsprechend ziemlich zügig an. Wolfsburg ist eine komische Stadt … irgendwie viele Autos, viele Menschen, viele Straßen … aber doch irgendwie nicht groß und auch nicht schön aber auch nicht hässlich oder so … aber hier gibt es ein Schloss, das ist schön. Gleich werde ich dort mal vorbei schauen, glaube ich.

Und weil ich diese Stadt so komisch finde, lade ich schnell die Taschen ab und steige wieder aufs Rad. Nach anfänglichen Schwierigkeiten im Wiegetritt (dieses Mal aufgrund des Gewichtsdefizites) und meines Orientierungssinnes, finde ich doch den Weg raus aus der Stadt (ist halt irgendwie nicht groß) und gönne mir ein wenig Gegenwind. War ja fast schon langweilig!

„Mein Gott … soll diese Straße im Winter als Buckelpiste dienen oder was?“ Auf dieser Straße mit echt unterirdischen Straßenverhältnissen, verliere ich fast die Fassung und bin kurz davor abzusteigen und zu laufen … es scheint, als wäre ich langsam aber sicher ausgelastet. Gut, dass es nur noch achtzehn Kilometer zurück sind.

Mein Orientierungssinn wurde anscheinend wieder zurecht gerüttelt und den Weg zur Jugendherberge finde ich wieder ohne Probleme.

Es stehen hundertzweiunddreißig Kilometer auf dem Tacho, fünf davon erlitten leider ein starkes Schleudertrauma auf der Buckelpiste. Sie sind nicht mehr in Lebensgefahr und auf dem Weg der Besserung.

Zum Abendessen gab es heute mal türkisch.

„Was gucken die denn so? Da kommt keiner mehr … ich habe Hunger“ Darunter kann man sich was vorstellen oder? Zur Not gibt es ein Beweisfoto

Ich muss jetzt erstmal verdauen. Eure Mieke

 

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Etappe IV: Hamburg-Uelzen

Es ist zehn Uhr und meine mir am Ruhetag erlaufenen dicken Beine sind zum Glück wieder abgeschwollen.

Meine heutige Tour wird mich nach Uelzen führen  das werden knapp 90 km sein.

Der Wetterbericht meldet kaltes, graues, leicht nasses Wetter. Aber immerhin sieht es stark nach Rückenwind aus.

Es läuft! Klar, bei Rückenwind läufts immer. Da bringt mich auch der ein oder andere Regenschauer nicht aus der Fassung.

Das einzige was mir ein wenig Sorgen bereitet ist die Tatsache, dass heute Karfreitag ist und die Leute das mit dem Feiertag doch recht ernst nehmen und die Läden heute geschlossen bleiben.

Ich habe also noch zwei hamburger Bananen die für heute reichen sollen? „Ich glaube ich werde schnorren gehen müssen.¨

Nach gut drei Stunden komme ich an … ich fühle mich fast schon unausgelastet … „Nur drei Stunden für 90 km?! Vielleicht sollte ich hier noch ein Ründchen drehen?¨ Nach kurzer Überlegung entscheide ich mich dazu das heutige Training als abgehakt zu betrachten … kommen ja noch ein paar Tage auf dem Rad.

Man sollte aufhören wenn es am schönsten ist.

Sollte ich hier nicht noch was besseres finden, gibt es übrigens nicht weit von der Jugendherberge ein Restaurant zur goldenen Möwe … mal sehen wie die Infrastruktur hier so aussieht am Karfreitag.

Die Mieke

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Etappe III: Nordenham-Hamburg

Es ist neun Uhr, ich fahre los. Der Wetterbericht hat Flaute gemeldet, ich bin guter Dinge, dass ich heute nicht in den Zug steigen muss.

Die ersten Meter sind schwerfällig, ich kriege kaum was auf die Kette … nach acht Kilometern kann ich zum Glück erst mal Pause machen. Fähre fahren nach Bremerhaven.

Die Sonne scheint und die Windräder sind nicht so richtig in Drehlaune … Glück für mich. Nach der Fährfahrt läuft es! Aus meinen Fehlern von gestern habe ich gelernt und vorsorglich viel zu Essen eingepackt.

Es passiert nicht viel … das aufregenste war noch der hormongesteuerte Herr Marienkäfer der sich fast bis Hamburg von mir chauffieren ließ, um den Marienkäfergenpool mal ein bisschen aufzufrischen. Wir Menschen beeinflussen die Natur schon ziemlich gewaltig!

Noch dreiundfünfzig Kilometer: Das erste Mal spüre ich etwas Rückenwind, dazu geht es eine Autobahnbrücke runter. Ich lege zum ersten Mal das große Blatt auf. So macht das Spaß!

Die Sonne scheint und scheint und der Rückenwind lässt mich nicht im Stich. Im Vergleich zu den letzten beiden Tagen fliege ich fast bis nach Hamburg. Und das erste Hamburger Ortsschild wird nicht ersprintet, sondern fotografiert. So viel Zeit muss sein.

Der Weg zur Jugendherberge war allerdings ein kleiner Graus. Irgendwo zwischen stinkenden, lauten LKWs und Autobahnen steht die kleine Mieke mit ihrem Rennrad und weiß nicht weiter. Mein Garmin, was mich die ganze Zeit so fein geleitet hat, möchte unbedingt mal über die Autobahn fahren. Mieke aber eigentlich nicht.

Ich frage mich bei den Hafenarbeitern durch … nach ersten komischen Blicken verraten sie mir dann doch, dass ich nur mit der Fähre über die Elbe komme. Eine feine Sache … so spare ich mir ein paar Kilometer und Boot fahren ist toll!

Meine Etappe begann mit einer Fährfahrt und endet mit einer Fährfahrt. Wie schön!

Ich bin ziemlich platt und habe leichten Sonnenbrand im Gesicht. Zum Abendessen gab es einen Lolli. Morgen ist zum Ruhetag … mal sehen was Hamburg so zu bieten hat.

Gute Nacht! Mieke

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Etappe II: Damme-Nordenham

 

Das Wetter passt schon mal … es sieht so aus, als würde ich heute trocken bleiben. Es ist zehn Uhr und ich rolle vom Hof der Jugendherberge in Damme. Hundertzwanzig Kilometer sind es bis nach Nordenham an der Weser, kurz vor Bremerhaven.

„Oh, Sonnenstrahlen, schön!“, denke ich mir als ich die ersten Meter fahre … irgendwie ein komisches Gefühl. Damme sah noch so heimisch aus, das wird sich bald ändern, je weiter ich in den Norden fahre.

Heute kommt der Wind ausnahmsweise mal von vorne links.

Bis jetzt allerdings ein laues Lüftchen im Vergleich zu gestern. „Wow, siebenundzwanzig Kilometer pro Stunde im Gegenwind … das habe ich gestern nicht geschafft.“ Meine Prognosen für den Schnitt dieser Etappe verbessern sich erheblich bei der Geschwindigkeit. Nach zwei Stunden und zwanzig Minuten schaue ich wie viele Kilometer ich bereits hinter mir gelassen habe. Es sind genau siebenundfünfzig … ernüchternd! Meine Prognosen verschlechtern sich im Nu wieder erheblich.

Aber das Wetter passt wenigstens, bis auf den Wind, der kommt noch immer … na ihr wisst schon! Und das nicht zu schwach. Es ist eigentlich eine ganz schöne Umgebung hier, viel Feld, wenig Höhenmeter – was mir sehr gut in den Kram passt – und nette Straßen.

Nur der Wind, der wird immer stärker und ich immer schwächer.

Langsam beschleicht mich das Gefühl, nicht genug zum essen bei mir zu haben. Ein kleines Loch tut sich in meiner Magengegend auf und entwickelt sich langsam zu einem Schwarzen Loch, das alles, vor allem meine wenigen Körner, ins Nichts saugt …

nur nicht den Wind, auf den hat das Schwarze Loch keine Lust.

Noch siebenundfünfzig Kilometer: meine Moral geht den Bach runter, ich habe keine Lust mehr. Noch fünfunddreißig Kilometer: meine Moral ist, wie die hiesige Meterzahl über NN, im Minusbereich, ich brauche dringend was zu Essen. Noch siebenundzwanzig Kilometer: Moral noch immer nicht über Null, doch eine Bäckerei ist in Aussicht. Zuckerzufuhr in Form von Brötchen zur Bekämpfung des noch immer in mir wütenden Schwarzen Lochs … Zwei Kilometer und gefühlte zehn Minuten später:

Dem Wind habe ich mich längst geschlagen gegeben und ich fahre nur noch auf Ankommen.

Das Brötchen wirkt noch nicht. Bahnhofstraße. Ich kaufe mir ein Ticket und steige in den Zug. Es wären nur noch zehn Kilometer bis zum Ziel gewesen …

doch dieser doofe Wind hat am Ende gewonnen.

Schlechtes Gewissen? Keine Spur! Normalerweise stände ich jetzt schon unter der Dusche. Auf meinen letzten Metern zur Jugendherberge beschert mir die Lage des Bahnhofs noch etwas Rückenwind. Meine Tour nimmt also doch noch ein gutes Ende! Zum Abendessen gibt es einen großen Salat mit irgendwie so Brot. Hätte mehr sein können, doch das Schwarze Loch ist fürs Erste gesättigt. Die Osterhasen hier bereiten sich schon auf Ostern vor und ich werde mich noch ein wenig meinem Fernstudium widmen. Denn man tau!

Die Mieke

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Etappe I: Bielefeld-Damme

Heute geht es los! Es ist der 14.4.14. (krass das ist mir jetzt erst aufgefallen…)

Bevor ich starten werde, muss ich noch einen kleinen Shoppingtrip bei Decathlon einlegen … Mir fehlt noch eine warme, leichte und klein zusammenfaltbare Jacke, so ein Daunending welches zur Zeit außerdem irgendwie im Trend ist. Meine Wunschjacke, in meiner Wunschfarbe, in meiner Wunschgröße ist leider ausverkauft … tja … dann halt schwarz und ohne Kapuze. Außerdem spare ich dabei noch zehn Euro … zehn Euro für ’ne Kapuze?! Naja …

Wenn man schonmal da ist, kann man ja noch ein paar billige Fahrradschläuche kaufen … und Handschuhe. Da fällt mir eine Strophe eines Liedes von Deichkind ein: „kleine Kinderhände / nähen schöne Schuhe. Meine neuen Sneaker … leider Geil!“ So ist es leider. Und das finde ich eigentlich nicht geil … ich glaube das nennt man schlechtes Gewissen.

Das Wetter wurde nicht gerade als „Gut“ prognostiziert … eher im Gegenteil. Regen, Sturmböen, starke Sturmböen – aber keine orkanartigen Sturmböen – Hagel, Gewitter, kalt. Ich bin ja beim Wetter nicht besonders anspruchsvoll … dazu ein Zitat welches sicherlich auch von meinem Vater dann und wann mal verwendet worden sein könnte: „Du bist ja nicht aus Zucker“ Heute mein Lebensmotto!

Um kurz nach halbzwölf Uhr packe ich meine Satteltaschen an mein Rad. Wenn ich den Lenker nicht runter drücke, legt mein Baby von alleine einen Wheely hin. „Ich glaube ich bereue meinen Plan jetzt schon, Mama …

Ich fahre trotzdem los. „Bis gleich, Mama …

Nach fünfhundert Metern versuche ich den Wiegetritt … es bleibt beim Versuch. Wenn ich wirklich durchziehen sollte, werde ich wohl die ganze Zeit nicht einmal im Wiegetritt fahren können. „Mama?“ Aber Mama kann mir jetzt auch nicht mehr helfen. Ich ziehe durch!

Der Wind kommt von vorne links.

Dreiundfünfzig Minuten. „Genau dreiundfünfzig Minuten bleibe ich also trocken. Das merke ich mir für meinen Bericht heute Abend.“ Ich ziehe meine heiße* Regenhose an und kurz darauf meine nicht ganz so heiße* Regenjacke. Und fahre weiter. „Ich bin ja nicht aus Zucker!“

Als es wieder trocken ist, ziehe ich meine nicht allzu heiße* Regenjacke und meine sehr heiße* Regenhose wieder aus. „Fühlt sich irgendwie ganz schön nackt an, ohne meine heiße* Regenhose.“ Ein Blick runter auf meine Beine bestätigt mich allerdings in meiner Annahme, dass das nur so ein kurzzeitiges Gefühl ist.

Der Wind kommt von vorne links.

Als ich mich mal so umschaue, erschrecke ich vor dem Anblick des Himmels. Schwarz, gleichmäßiger Farbverlauf der Wolken von hell nach – nicht dunkel – sondern schwarz. Gewitter! Ich spüre einen Tropfen und denke mir: „Zeit für meine heiße* Regenhose und meine nicht allzu heiße* Regenjacke.“

Den Tropfen, den ich abbekam und den ich als Anlass nahm meine heiße* Regenhose und meine nicht allzu heiße* Regenjacke anzuziehen, war der einzige Tropfen aus diesem Wolkenerguss … das andere waren Hagelkörner. „Ich bin ja nicht aus Zucker!“

(Ameise! Auf meinem Tisch krabbelt eine Ameise …)

Der Sturm kommt von vorne links.

Zwanzig Kilometer bis nach Damme … ist machbar.

„Tüdelü“ mein Garmin sagt links abbiegen. Ich biege links ab und erblicke das erste Hinweisschild für Damme, noch sechzehn Kilometer. „Sechzehn Kilometer? Das kann nicht sein!“ Ich blicke auf mein schlaues Garmin und es bestätigt mir: noch sechzehn Komma vier Kilometer. „Aaaalter!“

Der Wind kommt von vorne links.

Langsam, sehr langsam komme ich voran. Ich habe nach dem letzten Schauer beschlossen, meine heiße* Regenhose und meine nicht allzu heiße* Regenjacke nicht mehr auszuziehen. Zum einen habe ich dann nicht noch mal das Gefühl dieser Nacktheit und zum anderen wartet nach der nächsten Ecke eh wieder das ein oder andere Tröpfchen auf mich.

Ratet mal woher der Wind kommt …

Kilometer zwölf bis Kilometer vier Komma sieben. „Ich glaube mein heutiges Tief ist erreicht.“

Noch vier Komma sechs Kilometer. „Jetzt geht’s wieder.“

Trotz heißer* Regenhose und nicht allzu heißer* Regenjacke bin ich nass und meine linke Fußspitze hat in denselben Aggregatzustand wie die bereits hinter mir liegenden Hagelkörner gewechselt. Aber: „Ich bin ja nicht aus Zucker! Zucker kann nicht gefrieren. Außerdem liegt mein Tief ja jetzt hinter mir.“

Noch einmal muss ich all meine technischen Fähigkeiten abrufen um bei der Anfahrt zur Jugendherberge am Dammer BERGsee nicht hinten rüber zu kippen.

Geschafft! Ich bin sechsundachtzig Kilometer gefahren … normalerweise benötige ich für eine solche Distanz etwa zwei Stunden und fünfzig Minuten. Heute benötigte ich drei Stunden, vierunddreißig Minuten, zwanzig Sekunden und fünfzig Millisekunden.

Ich komme erst mal an, dusche und langsam erwacht meine linke Fußspitze wieder zum Leben. Ich begebe mich in Richtung Post.

Schon heute werde ich die ersten Klamotten wieder nach Hause schicken … wer braucht schon vier Radhosen für eine zweiwöchige Tour durch Deutschland? Ich nicht!

Durch diese Gewichtsersparnis erhoffe ich mir für die morgige Etappe mindestens einen vierundzwanzig-er Schnitt … anstatt der heutigen dreiundzwanzig Komma eins sieben Kilometer pro Stunde.

Zum Abendessen gibt es einen Eiweißriegel, eine Banane und einen vegetarischen Kebab mit viel Liebe vom Chef.

… Und der Tag neigte sich dem Ende zu …

Langsam bekomme ich Angst, dass diese Ameisen in meinen Laptop kriechen und dort Kabel oder so zernagen …

In diesem Sinne … hoffentlich bis morgen.

Die Mieke

(*heiß: in diesem Sinne kein positives Adjektiv -> Regenhose so garnicht, Regenjacke schon eher schön)

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