Etappe I: Bielefeld-Damme

Heute geht es los! Es ist der 14.4.14. (krass das ist mir jetzt erst aufgefallen…)

Bevor ich starten werde, muss ich noch einen kleinen Shoppingtrip bei Decathlon einlegen … Mir fehlt noch eine warme, leichte und klein zusammenfaltbare Jacke, so ein Daunending welches zur Zeit außerdem irgendwie im Trend ist. Meine Wunschjacke, in meiner Wunschfarbe, in meiner Wunschgröße ist leider ausverkauft … tja … dann halt schwarz und ohne Kapuze. Außerdem spare ich dabei noch zehn Euro … zehn Euro für ’ne Kapuze?! Naja …

Wenn man schonmal da ist, kann man ja noch ein paar billige Fahrradschläuche kaufen … und Handschuhe. Da fällt mir eine Strophe eines Liedes von Deichkind ein: „kleine Kinderhände / nähen schöne Schuhe. Meine neuen Sneaker … leider Geil!“ So ist es leider. Und das finde ich eigentlich nicht geil … ich glaube das nennt man schlechtes Gewissen.

Das Wetter wurde nicht gerade als „Gut“ prognostiziert … eher im Gegenteil. Regen, Sturmböen, starke Sturmböen – aber keine orkanartigen Sturmböen – Hagel, Gewitter, kalt. Ich bin ja beim Wetter nicht besonders anspruchsvoll … dazu ein Zitat welches sicherlich auch von meinem Vater dann und wann mal verwendet worden sein könnte: „Du bist ja nicht aus Zucker“ Heute mein Lebensmotto!

Um kurz nach halbzwölf Uhr packe ich meine Satteltaschen an mein Rad. Wenn ich den Lenker nicht runter drücke, legt mein Baby von alleine einen Wheely hin. „Ich glaube ich bereue meinen Plan jetzt schon, Mama …

Ich fahre trotzdem los. „Bis gleich, Mama …

Nach fünfhundert Metern versuche ich den Wiegetritt … es bleibt beim Versuch. Wenn ich wirklich durchziehen sollte, werde ich wohl die ganze Zeit nicht einmal im Wiegetritt fahren können. „Mama?“ Aber Mama kann mir jetzt auch nicht mehr helfen. Ich ziehe durch!

Der Wind kommt von vorne links.

Dreiundfünfzig Minuten. „Genau dreiundfünfzig Minuten bleibe ich also trocken. Das merke ich mir für meinen Bericht heute Abend.“ Ich ziehe meine heiße* Regenhose an und kurz darauf meine nicht ganz so heiße* Regenjacke. Und fahre weiter. „Ich bin ja nicht aus Zucker!“

Als es wieder trocken ist, ziehe ich meine nicht allzu heiße* Regenjacke und meine sehr heiße* Regenhose wieder aus. „Fühlt sich irgendwie ganz schön nackt an, ohne meine heiße* Regenhose.“ Ein Blick runter auf meine Beine bestätigt mich allerdings in meiner Annahme, dass das nur so ein kurzzeitiges Gefühl ist.

Der Wind kommt von vorne links.

Als ich mich mal so umschaue, erschrecke ich vor dem Anblick des Himmels. Schwarz, gleichmäßiger Farbverlauf der Wolken von hell nach – nicht dunkel – sondern schwarz. Gewitter! Ich spüre einen Tropfen und denke mir: „Zeit für meine heiße* Regenhose und meine nicht allzu heiße* Regenjacke.“

Den Tropfen, den ich abbekam und den ich als Anlass nahm meine heiße* Regenhose und meine nicht allzu heiße* Regenjacke anzuziehen, war der einzige Tropfen aus diesem Wolkenerguss … das andere waren Hagelkörner. „Ich bin ja nicht aus Zucker!“

(Ameise! Auf meinem Tisch krabbelt eine Ameise …)

Der Sturm kommt von vorne links.

Zwanzig Kilometer bis nach Damme … ist machbar.

„Tüdelü“ mein Garmin sagt links abbiegen. Ich biege links ab und erblicke das erste Hinweisschild für Damme, noch sechzehn Kilometer. „Sechzehn Kilometer? Das kann nicht sein!“ Ich blicke auf mein schlaues Garmin und es bestätigt mir: noch sechzehn Komma vier Kilometer. „Aaaalter!“

Der Wind kommt von vorne links.

Langsam, sehr langsam komme ich voran. Ich habe nach dem letzten Schauer beschlossen, meine heiße* Regenhose und meine nicht allzu heiße* Regenjacke nicht mehr auszuziehen. Zum einen habe ich dann nicht noch mal das Gefühl dieser Nacktheit und zum anderen wartet nach der nächsten Ecke eh wieder das ein oder andere Tröpfchen auf mich.

Ratet mal woher der Wind kommt …

Kilometer zwölf bis Kilometer vier Komma sieben. „Ich glaube mein heutiges Tief ist erreicht.“

Noch vier Komma sechs Kilometer. „Jetzt geht’s wieder.“

Trotz heißer* Regenhose und nicht allzu heißer* Regenjacke bin ich nass und meine linke Fußspitze hat in denselben Aggregatzustand wie die bereits hinter mir liegenden Hagelkörner gewechselt. Aber: „Ich bin ja nicht aus Zucker! Zucker kann nicht gefrieren. Außerdem liegt mein Tief ja jetzt hinter mir.“

Noch einmal muss ich all meine technischen Fähigkeiten abrufen um bei der Anfahrt zur Jugendherberge am Dammer BERGsee nicht hinten rüber zu kippen.

Geschafft! Ich bin sechsundachtzig Kilometer gefahren … normalerweise benötige ich für eine solche Distanz etwa zwei Stunden und fünfzig Minuten. Heute benötigte ich drei Stunden, vierunddreißig Minuten, zwanzig Sekunden und fünfzig Millisekunden.

Ich komme erst mal an, dusche und langsam erwacht meine linke Fußspitze wieder zum Leben. Ich begebe mich in Richtung Post.

Schon heute werde ich die ersten Klamotten wieder nach Hause schicken … wer braucht schon vier Radhosen für eine zweiwöchige Tour durch Deutschland? Ich nicht!

Durch diese Gewichtsersparnis erhoffe ich mir für die morgige Etappe mindestens einen vierundzwanzig-er Schnitt … anstatt der heutigen dreiundzwanzig Komma eins sieben Kilometer pro Stunde.

Zum Abendessen gibt es einen Eiweißriegel, eine Banane und einen vegetarischen Kebab mit viel Liebe vom Chef.

… Und der Tag neigte sich dem Ende zu …

Langsam bekomme ich Angst, dass diese Ameisen in meinen Laptop kriechen und dort Kabel oder so zernagen …

In diesem Sinne … hoffentlich bis morgen.

Die Mieke

(*heiß: in diesem Sinne kein positives Adjektiv -> Regenhose so garnicht, Regenjacke schon eher schön)

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